Ein Bild bunter Vielfalt bot sich auf dem Platz vor dem Wetteraner Stadtsaal: Über 100 kunstvoll gestaltete Holzstühle wurden bei der Aktion „Bitte Platz nehmen!“ ausgestellt. Wochenlang hatten Mädchen und Jungen in Kitas und Schulklassen, Menschen in Vereinen, Betrieben, Freundeskreisen und in der Ev. Stiftung Volmarstein Stiftung Stühle ganz individuell verziert und bearbeitet – farbenfroh, schrill, originell oder zum Nachdenken anregend.

„Jeder Mensch hat in unserer Gesellschaft seinen Platz“, betonte Bürgermeister Frank Hasenberg bei der Eröffnung der Stuhl-Ausstellung anlässlich des Protesttags zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung. Unterstützt wurde das Projekt von der Aktion Mensch.

Wie aus einem Holzstuhl ausdrucksstarke Kunst werden kann, zeigte z.B. ein rot bemalter Stuhl aus der Stiftung: Auf dessen Lehne stand „Inklusion“ geschrieben. Unter der Sitzfläche war „ZusammenArbeit auf Augenhöhe“ zu lesen. Seitlich am Stuhl hingen zwei Rollstuhlräder und zwei Gehhilfen. Auf der Sitzfläche war ein mit Briefmarken verzierter Klodeckel angebracht. Und an einem Stuhlbein gab es eine Halterung mit einer Rolle Toilettenpapier. 

Dieser rote Inklusions-Stuhl mit der Selbstbezeichnung „Multi(s)tool“ vereint alle Facetten der Arbeit von WerkVol, einer Volmarsteiner Einrichtung für Teilhabe an Arbeit. Er steht für Teilhabe am Arbeitsleben, kreative Gestaltung eigener Produkte, grundlegende Kommunikation, pflegerische Begleitung und pädagogische Förderung. Der Stuhl ermöglicht es Menschen mit Beeinträchtigungen, aktiv, selbstbestimmend und mit Freude am Arbeitsleben teilzunehmen.

Pfarrerin Dr. Tabea Esch, die in der Stiftung das Zentrum für Theologie, Diakonie und Ethik leitet, hob zunächst die grundsätzliche Bedeutung des Stuhls als Möbelstück hervor: „Man merkt erst, was ein Stuhl einem selbst bedeutet, wenn er fehlt und man keinen Platz findet“, betonte sie. Und: „Die Botschaft eines Stuhls ist, egal wie er aussieht, eindeutig: Ein Stuhl sagt immer – hier darf jemand Platz nehmen. Ganz egal, wer.“ Die individuell gestalteten Stühle bezeichnete sie daher als „kraftvolle Zeichen“, die gemeinsam und auf einzigartige Weise von einer offenen, vielfältigen und bunten Gesellschaft erzählen – in der jeder Mensch seinen Platz hat.